Schnecke
Unser Goldstück, unser Sonnenschein, unsere Botschafterin
Das war Schnecke. Das IST Schnecke. Am 27.12.2020 mussten wir Schnecke nach kurzer schwerer Krankheit mit über 14 Lebensjahren gehen lassen. Doch sie wird unvergessen bleiben. Sie war das Herz unseres Tierheims und hat, was innen war, nach außen gebracht. Die Nachricht von ihrem Tod bewegte noch mehr Menschen als all die, die Schnecke zu Lebzeiten mit ihrer lebensfrohen, offenherzigen, aufmunterten Art berührt hat.
Wir werden Dich vermissen, Schnecke. Lesen Sie hier ihre Geschichte.
Schneckes Geschichte
Unsere Schnecke. Das ist unser kleines, karamellfarbenes, wollknollenes Hundemädchen mit den Bernsteinaugen, das unbeirrt der gelähmten Hinterhand im Hunderollstuhl überall in unserem Tierheim herumwuselt, jeden begrüßt und auch noch dem verdrossensten Menschen ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Wir lieben unsere Schnecke! Und jeder, der uns und unser Tierheim kennt, kennt auch sie. Aber wer kennt eigentlich Schneckes Geschichte? Längst Zeit, sie Ihnen zu erzählen!
Es ist der 15. Mai 2008. Nach einer gefühlten Ewigkeit treffen wir, Heiko Koch und ich, Corina Wink, endlich aus Deutschland im privaten Tierheim am Rande der Stadt Cluj Napoca in Rumänien ein. Wir haben eine Mission. Etwa 30 Hunde sollen wir aussuchen und nach Deutschland bringen für zwei Tierheime. Vermittelbare Hunde. Wenig später wird uns dazu die Tür zu einem alten Stallgebäude geöffnet. Was uns dahinter erwartet, verschlägt uns den Atem. Furchtbarer Gestank, Dunkelheit, lautes Hundegebell. Ein Ort des Elends. „Hier soll ich vernünftig Hunde aussuchen?“, geht es mir durch den Kopf und irgendwie setzt alles Denken, der normale Verstand aus.
Ein Blick wie mit einem Lächeln
Doch noch während wir versuchen, den ersten Eindruck zu verdauen, robbt es uns über den nassen, schmutzigen Steinboden entgegen. Gleich rechts im ersten Zwinger, aus einer maroden Hundehütte. Ein kleines, hellbraunes Etwas, das sich versucht aufzustellen und mich dabei anschaut, offen, freundlich, erwartungsvoll. Diesen Blick werde ich nie vergessen. Wie mit einem Lächeln. „Diesen Hund nehmen wir mit!“, entscheide ich. „Der Hund kann nicht laufen,“ sagt der Besitzer der Anlage. „Das ist egal“, erwidere ich, „Der kommt mit nach Deutschland, das wird schon wieder.“ Egal wie, denke ich, dieses Tierchen muss hier raus und behandelt werden.
Es gab keine Sekunde des Zögerns. Es war einfach klar – und wie von woanders her besiegelt – , dass diese kleine Hündin zu uns sollte. Limax hieß sie, was Rumänisch ist und übersetzt Schnecke heißt. Weiter ging der Weg durch die riesige Anlage und am Ende der Reise kamen wir mit 55 Hunden in Deutschland in unserem Tierheim an. Als wir Schnecke dort ausluden, waren alle erschüttert, „Oh Gott, was habt Ihr da mitgebracht? Was ist mit diesem Hund?“ Die Beine waren wund gescheuert und offen vom Hinterherschleifen.
Schwieriger Start
Zunächst ging Schnecke auf eine Pflegestelle. Doch dort gestaltete sich alles schwierig mit ihr. Damals gab es noch keine Rollstuhlhunde in Deutschland und wir mussten überlegen, was wir mit ihr machen sollten, ob das so geht und überhaupt … Schnecke kam wieder ins Tierheim zurück und wir bestellten in den USA einen handgemachten, maßgeschneiderten Hunderollstuhl für sie. Schnecke ist inkontinent und ihre Pflege aufwendig. Aber als der Rollstuhl ankam und sie darin die ersten Schritte machte, war allen klar, Schnecke hat nun eine Chance auf ein großartiges Leben.
Und die hat sie bis heute jeden Tag genutzt. Sie ist immer gut gelaunt, immer offen und ansprechbar, kommt überall zurecht. Sie geht spazieren, sie liebt es, wenn viele Menschen um sie herum sind und am allertollsten findet sie es, wenn wir Ausflüge machen zu Events wie Wunschbaumeröffnungen und Spendenübergaben. Bei den Tierheimfesten bekommt sie eine Sammeldose an ihr Wägelchen geschnallt und als ob sie wirklich wüsste, was zu tun ist, stellt sie sich bereit, damit die Leute auch etwas dort hineinwerfen. Anfangs bekamen wir oft gesagt, „Ach herrje, der arme Hund, den sollte man doch lieber erlösen.“
Lebensqualität trotz Handicap
Aber Schnecke hat alle Zweifler überzeugt. Mit ihrer Lebenslust, ihrem Charme und ihrer Unverdrossenheit zeigt sie allen, dass sich auch ein Hundeleben im Rollstuhl lohnt. Mittlerweile ist sie ein altes Mädchen geworden, ruhiger und noch besonnener, aber nicht weniger fröhlich. Jeden Morgen wird sie eingeschnallt und marschiert ins Büro. Dort ruht Schnecke weiter bis mittags, um dann zu den Öffnungszeiten präsent im Hof zu sein. Gegen Abend geht es dann ab in ihr Zimmer, in dem sie abgeschnallt schläft und auf Teppichen robben kann. So vergehen Schneckes Tage. Sie wird von so vielen Menschen geliebt und das dankt sie jeden Tag. Schnecke wird nicht vermittelt, weil sie dort glücklich ist, wo sie ist, aber wir freuen uns sehr über Patenschaften für sie und all ihre Freunde im Tierheim.
27.12.2020. Schnecke ist gegangen – Schnecke wird immer bei uns sein
Als wir diese Seite für unsere neue Homepage erstellt haben, da war Schneckes Abschied gedanklich noch eher fern. Natürlich wussten wir, dass sie nicht ewig über den Tierheimhof laufen und rollen würde. Doch nun kam dieser Moment viel früher als erwartet, sehr plötzlich und hat uns alle sehr, sehr bewegt. Am 27. Dezember 2020 mussten wir sie gehen lassen. Ihre engsten Freunde waren bei ihr. Die Anteilnahme an ihrem Abschied ist riesengroß. Sie hinterlässt eine riesige Lücke.